Paul  Baldauf

 

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Ende Augustist im Verlag Petra Kehl (Künzell) mein neues Buch erschienen:

Lorenzo Ruiz Reise in das verbotene Land

 

Nachfolgend ein kleiner Textauszug:

 

10 Juli 1636, Okinawa, Japan…

Als sie, von der langen Schiffsreise strapaziert, in Okinawa endlich an Land gingen, sprachen sie nur wenige Worte. Sie betraten diesen, im Süden gelegenen, Insel-Boden Japans im Wissen, dass dies für sie «verbotenes Land» war. Vicente Shiwozuka, der ihnen als Dolmetscher und Reiseführer dienen sollte, ging langsam und in Gedanken voran: Was für ein eigenartiges Gefühl, nach Jahren wieder in mein Heimatland zurückzukehren und dies im Bewusstsein, nicht nur nicht willkommen, sondern mit Verhaftung, Folter und Tod bedroht zu sein.

Die Gruppe folgte ihrem Anführer, wobei alle versuchten, sich so unauffällig wie möglich zu verhalten. Lazarus holte Vicente ein und hüllte sich zunächst weiterhin in Schweigen. Doch innerlich war er umso mehr bewegt. Der vertriebene Sohn kehrt zurück. Immer noch nicht «geheilt», weder von Lepra, noch vom christlichen Glauben, den sie von dieser Insel für immer vertreiben und fernhalten wollen. Wie still es hier ist! Dringt durch diese Stille nicht der Ruf unserer japanischen christlichen Schwestern und Brüder, die hier, trotz aller Drangsal und Verfolgung, an ihrem Glauben festhalten? Doch wer stärkt sie, steht ihnen bei? Wie würden sie reagieren, wenn ihnen jemand sagte, dass auf ihrer Insel vor kurzem christliche Missionare heimlich an Land gegangen sind? Wir müssen ihnen einschärfen, dass sie höchst verschwiegen sein müssen. Schon wenige unbedachte Worte können tödliche Folgen haben.

Lorenzo senkte seinen Kopf und lief, im Abstand von wenigen Metern, hinterher. Auch wenn er nun auf einer zu Japan gehörenden Insel unterwegs war, mit seiner Seele, seinem Geist war er in Binondo, in Manila, bei seiner Familie. Rosario, du fehlst mir sehr, es vergeht keine Stunde, in der ich nicht bei dir bin. Kommen meine Gedanken bei dir an, überbrücken sie das Meer, kannst du sie hören und fühlen, was ich fühle? Was gäbe ich darum, wenn ich − den Engeln gleich – so schnell, wie Licht, zu dir und unseren Kindern reisen könnte. Mir fehlt der Klang deiner Stimme, deine Nähe, der Anblick deines liebevollen Gesichtes. Bist du auch gut versorgt, wie mir versprochen wurde? Nun wachsen unsere Kinder ohne ihren Vater auf. Sie haben dich bestimmt schon oft gefragt, wo ich bin und wann ich endlich wiederkomme. Ach, wenn sie wüssten, dass ich selbst nicht weiß, ob ich jemals nach Hause zurückkehren werde. Wie hin und her gerissen ich nun bin: Zuweilen überkommt mich eine Ahnung, dass ich Japan nicht mehr lebend verlassen werde und ich bin bereit, mein Leben als Zeugnis für den Glauben hinzugeben. Dann wieder hoffe ich aus allen Kräften, dass diese «Ahnung» trügt und will nur eines: Dass wir eine Zeitlang alles tun, um Christen, die hier leben, beizustehen, danach jedoch nach Hause fahren und alles wieder so sein wird, wie es war. Doch wie soll ich wieder nach Hause reisen, wenn mich dort, wie hier, der Tod bedroht?

 

 


 

 

Im September 2020 ist im Alverna Verlag (Wil, Schweiz) mein neues Buch erschienen:

Alina und der Großmeister

 

Nachfolgend ein kleiner Textauszug:

 

Alina fühlte wieder Hoffnung. Sie machten sich zu Dritt auf den Weg. Als sie in Nähe des Malers standen, hielt Marija kurz inne.
„Das Bild ist wunderbar, nicht wahr? Ich würde es gern kaufen.”
Der Maler sah sich um und bemerkte die drei Damen:
„Ich bin gleich fertig.“
Alina trat näher. Die Kathedrale erstrahlte im Licht seiner Farben. Er hatte sie großartig wiedergegeben. Der Maler griff ein letztes Mal zum Pinsel und setzte seinen Namen unter das Bild. Spiteri, las Alina. Sie trat noch etwas näher. Nun sah sie, wie er neben seinen Namen noch langsam vier Zahlen auf die Leinwand setzte:
1 7 3 2
O H, N E I N!Alina erschrak zutiefst, wich unwillkürlich einen Schritt zurück und blickte ihre Begleiterinnen mit allen Anzeichen des Entsetzens an.
„Kann ich kurz unter vier Augen mit ihm sprechen?”
Marija und Annunziata sahen sich verwundert an.
„Ja, sicher, wir warten auf dich.“
Sie zogen sich zurück und setzten sich auf eine Bank. Als Alina mit dem Maler allein war, merkte sie, wie unruhig ihr Atem ging. Sie  fühlte, wie Angst in ihr emporkroch und sie immer mehr in den Griff bekam.
„Warum haben Sie das getan?“
Der Maler legte seinen Pinsel auf die Palette und sah auf.
„Warum ich was getan habe?”
„Warum haben Sie an den unteren Rand des Gemäldes 1 7 3 2 geschrieben? Das Ganze ist eine Theateraufführung, nicht wahr? Es scheint, die ganze Stadt nimmt daran teil. Ihr alle stellt ein Stück über die Vergangenheit dar.”
Der Maler sah Alina bestürzt an. Sein Gesichtsausdruck wirkte ehrlich. Alina erschrak noch mehr.
„Es tut mir leid, aber ich verstehe nicht ganz...Theateraufführung? Nein, das fehlte mir gerade noch…Ich bin Maler! Zum Schauspieler fühle ich mich wirklich nicht berufen.
Nun, es ist so: Ich mache das immer so, damit ich auch in der Zukunft noch weiß, wann ich ein Bild gemalt habe.“
„Das Jahr..., in dem Sie es gemalt haben???“
Alina spürte, wie sich alles in ihr zusammenzog, es ihr kalt über den Rücken lief.
„Ja, natürlich. Woher kommst du? Ich dachte, das ist in allen Ländern so üblich.”
Sie brachte nur mit Mühe und Not einen Ton über die Lippen:
„Sie wollen also sagen, dass Sie”
„Dass ich was?”
„Das kann nicht wahr sein, nein, b i t t e!‘
Der Maler war aufgestanden und sah sie besorgt an.
„Was ist mit dir?”
„Sie meinen also, dass, dass wir..., ich meine, dass Sie…im Jahr 1732 leben? Das kann nicht Ihr Ernst sein!!! BITTE, sagen Sie mir, dass das nicht wahr ist!”
Sie sah ihn flehentlich an.
„Es tut mir leid, aber ich kann dir nicht folgen. Natürlich leben wir im Jahr 1732, deshalb habe ich ja diese Zahl unter mein Bild geschrieben. Wann denn sonst? Ich bin 1681 geboren, weißt du? Ich habe lange Zeit gebraucht, bis ich gut malen konnte. Aber du siehst ziemlich bleich aus. Nun scheint mir eher, dass du zu dieser Schauspielertruppe gehörst und ihr etwas aufführt! Alle Achtung, du hast Talent! Ja, jetzt verstehe ich. Das war eine Probe: Sie haben dich die Szene spielen lassen, um zu sehen, ob du Talent hast! Ha-ha-ha! Das hast du ganz hervorragend gemacht! Du sahst wirklich so aus, als ob du zutiefst entsetzt wärst. Alle Achtung! Siehst du, so verschieden sind die Talente und das ist gut so: Der eine malt, die andere schauspielert.“
Der Maler wandte sich wieder seiner Kunst zu.
Die beiden Schauspielerinnen kamen wieder zurück, führten Alina zu einer Bank und ließen sie Platz nehmen.
„Nein..., das kann nicht, das darf nicht wahr sein…“, stammelte Alina verzweifelt.
„Es ist ein Albtraum…, ein furchtbarer Albtraum.“
Sie stütze ihr Gesicht in die Hände und fing hemmungslos an zu weinen. Die Schauspielerinnen sahen sich bestürzt und ratlos an. Der Maler kam hinzu. Sie flüsterten ihm eine ganze Weile etwas ins Ohr. Danach sah er sie mit großen Augen an. Ihm blieb der Mund offen.
„Sind Sie sicher? Nun, das ist mehr als seltsam. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“
Der Maler grüßte noch einmal und entfernte sich wieder.